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Der Betriebsübergang: Was Sie beachten müssen

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​Wen ein Unternehmen veräußert wird, hat dieser Betriebsübergang schwerwiegende Konsequenzen für alle Beteiligten. Nicht nur für die Entwicklung des Betriebes, auch und besonders für die betroffenen Mitarbeiter schafft der Betriebsübergang neue Tatsachen im Arbeitsverhältnis.

Ein Übergang kann mit der nötigen Vorbereitung und entsprechendem Wissen reibungslos gelingen.

Die wichtigsten Informationen rund um den Betriebsübergang, über Kündigungs- und Informationspflichten, zu Überstundenregelungen, Dauer und Ablauf bekommen Sie in diesem Artikel.

Erfahren Sie, wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Neustart gesetzeskonform gestalten.

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Betriebsübergang Voraussetzungen: erste Schritte zum gelungenen Übergang

Entschließt sich ein Unternehmer zum Verkauf seines Unternehmens, wechselt nicht nur das Inventar den Besitzer. Für seine Mitarbeiter heißt dies, dass ein neuer Betriebsinhaber in ihre Rechte und Pflichten eintritt, die aus ihrem bestehenden Arbeitsverhältnis entstehen. Der gesetzliche Rahmen zu den Betriebsübergang Voraussetzungen findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Welche Arten von Betriebsübergang gibt es? Der Betriebsübergang als Ganzes ist möglich, aber auch Outsourcing von Unternehmensbereichen, eine Übernahme oder Ausgliederung können unter bestimmten Umständen unter diese gesetzlichen Regelungen von Betriebsübergang-Voraussetzungen fallen.

Zu den Voraussetzungen für die Übergabe bleibt das Gesetzeswerk allerdings recht ungenau. So ist beispielsweise der genaue Zeitpunkt des Übergangs der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen hier nicht zu ersehen. Der produzierende Betrieb selbst, also das feste Inventar, markiert hier meist mit dem Zeitpunkt seiner Übergabe den Beginn der neuen Zeit.

Bei Dienstleistern ist dieser Zeitpunkt nicht ganz so offensichtlich erkennbar. Darum wird für diesen Fall eine „wirtschaftliche Einheit“ definiert.

Definition wirtschaftliche Einheit: Eine wirtschaftliche Einheit umfasst eine Gesamtheit von Personen und Inventar, die der dauerhaften Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit einer bestimmten Zielsetzung dient.

Wird diese wirtschaftliche Einheit veräußert beziehungsweise ein Großteil ihrer Belegschaft übernommen, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für den Übergang geschaffen

Im Detail kommt es hier häufig zu ungeklärten Fragen, die die Anzahl der zu übernehmenden Mitarbeiter bzw. Arbeitsverhältnisse betreffen, sich um den Wert ideeller Betriebsmittel drehen oder um die Übernahme bestehender Kundenbeziehungen.

Auch der teilweise Übergang eines Betriebsteils ist im Rahmen des zuständigen §613a BGB denkbar. Hier ist im Zuge eines Asset Deals, bei dem bestimmte Wirtschaftsgüter des Unternehmens veräußert werden, genau zu prüfen, ob es sich um einen Übergang handeln könnte.

Im Überblick dargestellt, regelt der §613a folgende Aspekte:

  • den Übergang aller Rechte und Pflichten vom bisherigen Arbeitgeber auf den neuen Betriebsinhaber,
  • die im Einzelfall fortgeltenden Rechte und Pflichten, die sich aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben,
  • eine Veränderungssperre von Rechten und Pflichten aus den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen
  • die Haftung für Arbeitnehmeransprüche, die aus dem Übergang entstehen, sowie die Haftungsbegrenzung sowie den Ausschluss der Nachhaftung von juristischen Personen oder Personenhandelsgesellschaften, wenn diese Nachhaftung durch Umwandlung erlischt
  • die Unwirksamkeit von Kündigungen aufgrund des Betriebsüberganges,
  • Informationspflicht der Arbeitnehmer
  • das Arbeitnehmerrecht auf Widerspruch gegen den Übergang seines bestehenden Arbeitsverhältnisses

Es sind oft die weichen Faktoren, die bei einer Unternehmensnachfolge unterschätzt werden. Deswegen ist die Chemie sowohl zu einem professionellen Berater als auch zu dem Verkäufer eine entscheidende Komponente für eine erfolgreiche Nachfolge. Rainer Link erzählt aus seinen wertvollen Erfahrungen von der Suche eines Unternehmens bis zur Verhandlung und der Übertragungsphase. Hören Sie sich die Podcast-Episode hier an:

Episode #007: Die erfolgreiche Betriebsübergabe

Betriebsübergang und die Informationspflicht gegenüber Mitarbeitern

Seit Anfang 2002 gibt es eine gesetzliche Informationspflicht für Arbeitnehmer. Dazu werden folgende Fragen beantwortet:

Wer muss über den Betriebsübergang informieren? Diese Verpflichtung gilt für den alten und den neuen Arbeitgeber gleichermaßen.

Wann müssen Mitarbeiter über den Betriebsübergang informiert werden? Mitarbeiter müssen vor dem Wechsel der Eigentumsverhältnisse schriftlich informiert werden, welche Veränderungen anstehen.

Worüber müssen Mitarbeiter im Zuge des Betriebsübergangs informiert werden? Den Zeitpunkt beziehungsweise geplanter Zeitpunkt, die Gründe für die anstehende Veränderung sowie die rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen für die Belegschaft müssen vorab bekannt gegeben werden. Auch die geplanten Maßnahmen für die Arbeitnehmer müssen schriftlich dargestellt werden.

Haben Mitarbeiter ein Widerspruchsrecht beim Betriebsübergang? Ja, Arbeitnehmer haben ein Widerspruchsrecht und können einen Monat nach Zugang der schriftlichen Information dem Übergang widersprechen. Diesen Widerspruch kann der Arbeitnehmer an den neuen oder alten Arbeitgeber richten. Die aus solchen Widersprüchen entstehenden mitunter komplizierten Rechtsfolgen bis hin zu möglichen Massenentlassungen ist eine professionelle Beratung für die rechtlich fehlerfreie Information der Mitarbeiter in dieser sensiblen Phase besonders angebracht.

Welche Risiken bestehen hinsichtlich der Informationspflicht zum Betriebsübergang? Auch im Hinblick auf möglicherweise entstehende Schadenersatzforderungen, die aus unsachgemäßer Information der Mitarbeiter entstehen können, ist hier große Sorgfalt angebracht. Werden nämlich nicht alle verlangten Informationen an den Arbeitnehmer weitergegeben, beginnt auch die einmonatige Widerspruchsfrist nicht zu laufen. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer unter Umständen auch weitaus später noch die Möglichkeit hätten, zu widersprechen und Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

Auch wenn das Unternehmen an eines der Kinder übergeben wird, gilt es, die Mitarbeiter rechtzeitig zu informieren. Hier gibt es viele Möglichkeiten, wie das geschehen kann, aber oft arbeitet das Kind des Inhabers in dem Unternehmen und findet sich langsam in die Rolle. Benjamin Küsters ist als Sohn eingesprungen und hat im Betrieb des Vaters seine Leidenschaft gefunden. 

Ein fließender Übergang, eine offene Kommunikation im Betrieb und der Rückhalt der eigenen Familie führten die Unternehmensnachfolge zum Erfolg. Hören Sie sich hier an, wie so ein Betriebsübergang über die Bühne gehen kann:

Episode #009: Die Firma verkaufen war keine Option

Wann muss der Betriebsrat in den Betriebsübergang mit einbezogen werden?

Unter bestimmten Umständen ist auch der Betriebsrat in den Übergang des Betriebes einzubeziehen. Dann nämlich, wenn der Betriebsübergang gleichzeitig eine Betriebsänderung gemäß den §§ 111ff des BetrVG darstellt.

Dies ist der Fall, wenn beispielsweise verschiedene Unternehmen zusammengehen oder die grundsätzliche Betriebsorganisation verändert wird.

Der § 111 verpflichtet den Arbeitgeber, den Betriebsrat über diese Veränderungen zu informieren und sich mit diesem über die geplanten Änderungen zu beraten. Hier kommen auch gegebenenfalls Interessenausgleich oder, wenn nötig, ein Sozialplan als Beratungsthemen auf den Tisch.

Entspricht der Übergang einer Betriebsänderung, hat der Betriebsrat folgende Rechte: Er muss umfassend und rechtzeitig unterrichtet werden, kann bei mehr als 300 Arbeitnehmern Berater hinzuziehen, sich mit dem Arbeitgeber bezüglich der Betriebsänderung beraten, Verhandlungen über einen Interessenausgleich führen und die Aufstellung eines Sozialplanes angehen.

Wenn nach dem Betriebsübergang Mitarbeiter Überstunden haben

Grundsätzlich nehmen Mitarbeiter alle ihnen zustehenden Urlaubstage und angesammelten Überstunden mit zum neuen Inhaber. Auch Tarifvereinbarungen sind meist weiterhin gültig. Ob und welche Tarifvereinbarungen übernommen werden müssen, hängt auch vom neuen Arbeitgeber und der Frage ab, ob dieser dem Geltungsbereich der Tarifvereinbarungen zugeordnet wird.

Nach dem Übergang die Mitarbeiter kündigen: Darf man das?

Direkt nach dem Betriebsübergang die Kündigung von Arbeitsverhältnisse veranlassen? Hier gibt es gesetzliche Vorschriften zu beachten, wenn Arbeitsverhältnisse direkt nach dem Übergang oder bald danach gekündigt werden sollen.

Wichtig

Grundsätzlich kann man feststellen: Die direkte Abfolge bzgl. des Betriebsübergangs -> Kündigungen sind eher schwierig zu bewerkstelligen.

Der vierte Absatz des Betriebsübergang BGB § 613 a besagt, dass der Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils nicht als Kündigungsgrund herangezogen werden kann. Aus diesem Grund Mitarbeitern zu kündigen, ist also verboten.

Weiterhin sind aber Kündigungen aus Gründen, die mit dem Übergang nichts zu tun haben, erlaubt. Das betrifft etwa verhaltens- oder personenbedingte Kündigungen. Das Kündigungsverbot wegen der Betriebsübergabe betrifft sowohl den alten als auch den neuen Betriebsinhaber. Direkt auf den Betriebsübergang Kündigungen auszusprechen, die eben jene Veränderung als Grund nennt, ist nicht wirksam.

Auch Aufhebungsverträge mit den Mitarbeitern, denen dann die Unterzeichnung von Verträgen mit dem neuen Inhaber folgen, sind übrigens unwirksam. Sie gelten als Umgehen der Folgen des § Betriebsübergang 613a.

Sowohl der Aufhebungsvertrag als auch der neu unterzeichnete Arbeitsvertrag ist ungültig. Aufhebungsverträge mit dem bisherigen Arbeitgeber sind nur dann möglich und gültig, wenn der betroffene Arbeitnehmer ganz aus dem Arbeitsverhältnis zum Unternehmen ausscheiden möchte.

Die Zäsur: Was passiert ein Jahr nach dem Betriebsübergang?

Ein Jahr lang läuft nach dem Übergang eine Schonfrist für die Mitarbeiter: So lange dürfen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen nicht zulasten der Mitarbeitenden verändert werden.

Auch nach dem Ablauf dieses Jahres gibt es noch Einschränkungen, was diese Veränderungen angeht. Individuelle Regelungen im Arbeitsvertrag dürfen für ein Jahr nicht verändert werden.

Auch Gesamtarbeitsverträge, soweit vorhanden, müssen vom neuen Betriebsinhaber mindestens ein Jahr lang eingehalten werden, falls dieser nicht vorher ausläuft. Gibt es allerdings beim neuen Inhaber eigene Betriebsvereinbarungen, werden diese übernommen – auch vor Ablauf des Jahres können deren Rechte und Pflichten wirksam werden.

Fazit

Der Übergang von Betrieben oder Betriebsteilen auf einen neuen Unternehmer ist nicht nur für den alten und neuen Inhaber mit diversen Risiken und Fallstricken verbunden. Für den Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerin geht der Wechsel ebenfalls häufig mit zahlreichen Veränderungen einher. Häufig sind diese Veränderungen nicht ausschließlich positiv, manche fürchten direkt nach der Betriebsübergabe die Kündigung.

 

Tatsächlich können sich die betroffenen Personen mit Hilfe der Rechtsprechung vor einer Schlechterstellung schützen. Der gesetzliche Rahmen lässt allerdings, wie wir gesehen haben, in Detailfragen häufig nur vage Vorschriften erkennen und gibt damit Verhandlungsspielräume und Unsicherheiten zu erkennen.

 

Die Rechte und Pflichten des Unternehmers sowie die Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer sind gemäß dem Betriebsübergang BGB recht komplex. Individuelle Gegebenheiten und Details der Betriebsübergang, BGB Rechtsprechung lassen es nicht nur sinnvoll, sondern aus unternehmerischer Sicht geradezu notwendig erscheinen, sich hier umfassender professioneller Beratung zu bedienen.

 

Nur so wird der reibungslose Übergang unter Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben, im Interesse einer gütlichen Einigung aller Beteiligten, gelingen. Der Betriebsübergang vom alten zum neuen Inhaber gestaltet sich, professionell strukturiert, idealerweise als Gewinn für alle Beteiligten und vor allem als unternehmerisches Erfolgserlebnis.

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