Der Earn-Out: Eine sinnvolle Kaufpreisstrukturierung

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Im Rahmen von M&A-Transaktionen steht bei den Verhandlungen über den Kauf und Verkauf eines Unternehmens (Target) zunächst primär die Suche nach dem für beide Seiten annehmbaren Kaufpreis im Fokus. Häufig scheitern diese Verhandlungen beim Unternehmensverkauf bereits in der Kaufpreisfindungs-Phase an den höchst unterschiedlichen Erwartungen der beiden Partner. Weichen die Kaufpreisvorstellungen der Parteien zu weit voneinander ab, kann das schnell den Abbruch der Gespräche und damit das Aus der beabsichtigten Transaktion bedeuten.

Gründe für unterschiedliche Erwartungen im Rahmen der Festlegung eines angemessenen Unternehmenswertes können beispielsweise Innovationen sein, deren Marktrelevanz lediglich auf Prognosen beruht. Häufig befinden sich Produkte oder Dienstleistungen etwa eines Start-ups erst in der Entwicklungs- oder Erprobungsphase.

Doch selbst dann, wenn ein Produkt im Forecast gute Performance-Daten generieren sollte, können die Verkaufszahlen dennoch hinter den Umsatzerwartungen zurückbleiben.

Was ist das Earn-out-Modell?

Durch eine Earn-out-Vereinbarung beim Unternehmenskauf wird zwischen den Vertragspartnern ein erfolgsabhängiger Kaufpreis vereinbart. Dabei erklärt sich der Käufer damit einverstanden, zusätzlich zum Basispreis (Fixum) nach Ablauf einer festgelegten Frist einen variablen Kaufbetrag zu zahlen, dessen Höhe von der künftigen finanziellen Entwicklung des Unternehmens abhängt. Dazu werden bestimmte Parameter als Zielgrößen festgelegt, bei deren Erreichen zum vereinbarten Zieltermin (Pay-out) der Earn-out fällig wird. 

Indem Earn-outs in den Vertrag aufgenommen wird, können bestehende Differenzen bei der Kaufpreisgestaltung beigelegt werden. Dies setzt allerdings eine gewisse Kompromissbereitschaft sowie die Absicht voraus, den Unternehmenskauf tatsächlich realisieren zu wollen. 

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Durch den Earn-out legen die Parteien fest, dass ein bestimmter Anteil des Kaufpreises nicht bei Übergang der Unternehmensanteile (Vollzug) auf den Käufer, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig werden soll.

Es handelt sich insoweit um einen variablen Betrag, der zusätzlich gewissermaßen als Add-on zusätzlich zum Basispreis zwischen den Parteien vereinbart wird. Ob und in welchem Umfang der Earn-out geleistet werden muss, hängt konkret von bestimmten Bedingungen ab. Folglich regelt die Earn-out-Klausel im Kaufvertrag, unter welchen Voraussetzungen der Käufer einen zusätzlichen Kaufpreis leisten muss.

Fazit:

Mithilfe von Earn-outs können bestehende Meinungsverschiedenheiten und Unsicherheiten bei der Kaufpreisgestaltung ausgeräumt werden und wirken somit einem Scheitern des Deals entgegen. Dies setzt allerdings eine gewisse Kompromissbereitschaft und den unbedingten Willen beider Partner zur Lösung des Problems voraus.

Earn-outs Fallbeispiel 

Die Apleo Gruppe beabsichtigt die Manos Industriedesign zu übernehmen. Während die Apleo als Kaufpreis lediglich acht Millionen Euro offeriert, möchte die Manos zwölf Millionen € erlösen. Manos begründet den höheren Preis mit kürzlich vollzogenen Umstrukturierungen, aus denen ein Turnaround resultieren soll sowie mit steigenden Umsätzen aus einer neuen Produktlinie. Die Aleo sieht die Erfolgsprognose skeptisch. Die Verhandlungen drohen zu scheitern.

Schließlich einigen sich die Vorstände beider Seiten auf einen Kompromiss. Als Basis legen sie den von der Apleo ursprünglich genannten Kaufpreis über 8 Mio. € fest, fällig bei Übernahme. Zusätzlich vereinbaren sie als variable Größe eine Zusatzzahlung für den Fall, dass eine Umsatzprognose eintreten sollte.

Eine Staffelung des Zusatzbetrages sieht vor, dass die Aleo bei Erreichen eines Umsatzziels von zwölf Millionen Euro bis zum Ende des übernächsten Jahres, zusätzlich zum Basispreis vier Millionen Euro an die Manos zahlen muss. Werden bis zum Stichtag nur zehn Millionen Euro Umsatz erlöst, beträgt die Zusatzzahlung zwei Millionen Euro. Ohne Umsatzsteigerung bleibt es beim Basispreis.

Da der Umsatz zum vereinbarten Stichtag zehn Millionen Euro beträgt, muss die Aleo zwei Millionen Euro zusätzlich zum Basispreis entrichten. 

Weichen die Kaufpreisvorstellungen bei Unternehmensverkäufen der Parteien in Fällen wie diesen scheinbar unüberbrückbar voneinander ab, hilft meist nur ein „Gentleman’s Agreement“ weiter. Insbesondere bei Unternehmenstransaktionen wie etwa dem Unternehmenskauf kann der Earn-Out hinsichtlich der Höhe des Kaufpreises dazu beitragen, unterschiedliche Vorstellungen von Käufer und Verkäufer zu überbrücken. Der Verkäufer möchte möglichst viel erlösen, während sich der Käufer einen günstigen Preis erhofft.

Nur wenn sich Unternehmenskäufer und -verkäufer in diesem zentralen Punkt weitgehend annähern, wird es zu einem finalen Deal zwischen den Vertragsparteien kommen.

Wie werden ein Earn-out-Regelungen angewendet?

Mit Earn-out-Klauseln legen die Parteien fest, dass ein bestimmter Anteil des Kaufpreises nicht bereits bei Übergang der Unternehmensanteile auf den Käufer, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig werden soll. Genau genommen handelt es sich bei einem Earn-out um eine aufgeschobene Zahlung im Rahmen einer Stundungsvereinbarung, deren exakte Höhe jedoch erst zum vereinbarten Stichtag ermittelt werden kann.

Der Earn-out unterscheidet sich finanztechnisch von Zahlungsformen wie „Deferred Compensation“ oder „Deferred Purchase Price“ dadurch, dass bei deren Anwendung die Zahlungsfrist für einen fixen Betrag über einen festgelegten Zeitraum lediglich gestundet wird.

Indem die Vertragsparteien ein sogenanntes Earn out Klausel Muster nutzen, splitten sie den Kaufpreis in einen festgelegten Basispreis (Fixum) einerseits sowie einen variablen erfolgsabhängigen Teil (Earn-out) andererseits. Während die fixe Kaufpreiskomponente bereits bei Vollzug des ausgehandelten Vertrages fällig wird, ist die Fälligkeit des Earn-out zu einem späteren Zeitpunkt an das Erreichen vorab definierter Erfolgsziele bzw. Zielmarken des Unternehmens geknüpft. 

Die tatsächliche Höhe des Earn-out orientiert sich meist an der künftigen Finanzentwicklung des Targets. Da folglich die genaue Höhe eines nach der Earn-out-Methode zu ermittelnden künftigen Kaufpreisanteils erst später zu einem vereinbarten Stichtag beziffert werden kann, wird er auch als „dynamischer“ Kaufpreis bezeichnet. 

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Im Wortlaut von Unternehmenskaufverträgen können Käufer und Verkäufer essenziell wichtige Konditionen wie die Dauer, den Zielbetrag, die Erfolgsmessgröße oder den Stichtag des Earn-out einvernehmlich nach freiem Ermessen festlegen.

Die Erfolgsmessgröße kann nach unten durch den Mindest- und nach oben durch einen Höchstwert begrenzt werden. Im Fachjargon heißt die Obergrenze des Zielbetrages „Cap“. Der „Floor“ bezeichnet das Minimalziel als Mindesterfordernis, ab dem der Käufer zur Zahlung des Earn-out verpflichtet ist. 

Ein eindeutiger Wortlaut der Earn-out-Regelung im Vertragstext verhindert, dass die Parteien den Earn-out bei der Umsetzung unterschiedlich auslegen. Da es sich bei der Vereinbarung eines Earn-Out um komplexe Sachverhalte geht und das Konfliktpotenzial zwischen den Parteien entsprechend hoch ist, empfehlen M&A-Experten eine detaillierte und eindeutig formulierte Earn-out-Regelung in den Vertrag aufzunehmen, die keinen Interpretationsspielraum zulässt.  

Die Dauer eines Earn-out, auch Earn-out-Periode oder Basiszeitraum genannt, endet mit dem vereinbarten Stichtag, zu dem das Earn-out-Ziel erreicht werden muss. 

Eindeutige, detaillierte Regelungen innerhalb des Earn-out verhindern Differenzen unter den Partnern. Bei den Erläuterungen etwa zum Umsatz als Bezugsgröße für die Bemessung des Unternehmenswertes sollte von Anfang an klargestellt werden, ob es sich um den Netto- oder Bruttoumsatz handeln soll und auf welche Produktrange er sich bezieht. Darüber hinaus sollte festgeschrieben werden, welche Rechnungslegungsstandards der Bilanzierung und dem betrieblichen Rechnungswesen und damit als Erfolgsparameter für die Earn-out-Zahlung (Pay-out) zugrunde gelegt werden.

Im Zweifel wird sich der Verkäufer nur dann mit einem Earn-out einverstanden erklären, wenn er auch nach dem Unternehmensübergang noch für eine bestimmte Zeit durch eine Funktion im Management auf den geschäftlichen Erfolg des Unternehmens Einfluss nehmen kann. 

Bei der Formulierung einer Earn-out-Klausel sollte stets festgeschrieben werden, welche Rechnungslegungsstandards der Bilanzierung und dem betrieblichen Rechnungswesen und damit als Erfolgsparameter für die Earn-out-Zahlung (Pay-out) zugrunde gelegt werden.

Dauer und Höhe des Earn-out

Bis zu 30 % des Gesamtkaufpreises werden von den Vertragspartnern üblicherweise als Grundlage für die Berechnung eines Earn-out festgelegt. Die Höhe des Earn-out richtet sich nach der Finanzentwicklung ab dem Unternehmensübergang (Closing).

Da eine Earn-out-Periode, auch Basiszeitraum genannt, regelmäßig über mehrere Jahre andauert, und der Verkäufer somit mittel- bis langfristig auf den restlichen Kaufpreis warten müsste, können die Parteien über vertraglich festgelegte Staffelungen zwischenzeitliche Abschlagszahlungen bei Erreichen bestimmter Zielmarken vorsehen. 

Die Dauer eines Earn-out, auch Earn-out-Periode oder Basiszeitraum genannt, endet mit dem vereinbarten Stichtag, zu dem das Earn-out-Ziel erreicht werden muss. In der Praxis werden Earn-out-Perioden bis zu fünf Jahren vereinbart. Doch in rund zwei Drittel aller Fälle lauten die Fristen lediglich auf maximal 24 Monate.

Bemessungskriterien für den Earn-out

Bereits in einer frühen Phase der M&A-Akquisition steht die Analyse wichtiger Finanzkennzahlen wie zum Beispiel der Vermögens-, Finanz- und Ertragssituation auf der Agenda. Dies geschieht auf der Grundlage vorhandener Rechnungslegungsdaten. Um Auseinandersetzungen zwischen den Vertragspartnern bei der Bemessung des Earn-out auf der Basis wirtschaftlicher Bezugsgrößen vorzubeugen, sind einheitliche, von den Vertragspartnern gemeinsam verwendete Rechnungslegungsstandards von eminenter Wichtigkeit. 

Bei Rechnungslegungsstandards handelt es sich um national oder international verwendete Regularien zur Rechnungslegung. Dadurch wird festgelegt, nach welchen Prämissen ein Unternehmen bilanziert. Sie dienen demnach methodisch als Richtlinie, nach der ein Unternehmer beispielsweise seine Bilanz, seine Gewinn- und Verlustrechnung und alle weiteren Belege zur Finanz- und Ertragslage erstellt. 

Deutsche Unternehmen müssen generell nach den geltenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) bilanzieren. Durch das 2009 in Kraft getretene Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wurde das bis dahin geltende deutsche Bilanzrecht reformiert und modernisiert sowie geltenden internationalen Standards angepasst. 

Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind generell verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse nach internationalen IFRS-Standards aufstellen. Die Anwendbarkeit der IFRS-Standards wird durch eine EU-Verordnung geregelt. Deutsche Unternehmen gelten als kapitalmarktorientiert, wenn sie einen organisierten Markt wie etwa eine Wertpapierbörse für die Emission von Wertpapieren in Anspruch nehmen oder dort eine Zulassung für ihre Wertpapiere beantragt haben.

Mittelständische Unternehmen in Deutschland können hingegen wählen, ob sie nach IFRS bilanzieren wollen. Für im Ausland aktive Unternehmen gelten zusätzlich die geltenden Regeln der jeweiligen Länder. Beispielsweise sind in den USA die Vorschriften und Grundzüge der US-GAAP für die Rechnungslegung relevant.

Als Maßstab für die positive Entwicklung des Unternehmens werden in der Regel finanzielle Kennzahlen nach EBITDA und EBIT zugrunde gelegt. Überwiegend wird in der Praxis EBITDA als Bezugsgröße verwendet. Neben EBIT und EBITDA dienen auch andere Kennzahlen der Gewinn- und Verlustrechnung wie etwa Umsatz und Jahresüberschuss als Berechnungsbasis für die finanzielle Performance. Als Orientierungsgrößen können auch Sachverhalte aus einer Due-Diligence-Prüfung herangezogen werden. 

In der M&A-Praxis wird die Wichtigkeit von Daten und Sachverhalten der Rechnungslegung häufig unterschätzt, mit erheblichen Auswirkungen auf die Bemessung des Earn-out und damit auf die gesamte Abwicklung des Unternehmensübergangs. Experten bezeichnen daher eine sorgfältige Diktion der Earn-out-Klausel mit dem Bezug auf eindeutig formulierte Kriterien zur Rechnungslegung als Garanten für eine erfolgreiche, möglichst reibungslose Transaktion.

Earn-out und der Fiskus

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) urteilte, liegt bei einer vorab vereinbarten variablen umsatzabhängigen Kaufpreiskomponente keine nachträgliche Änderung des Kaufpreises vor. Die Earn-out-Zahlungen als Veräußerungsgewinne seien insoweit nicht im Jahr der Veräußerung eines Unternehmens, sondern im Jahr des Zuflusses (Pay-out) zu versteuern. Folglich findet bei einem umsatz- oder gewinnabhängigen Earn-out das sogenannte Teileinkünfteverfahren Anwendung.

Interessant:

Daraus resultiert eine Steuerbefreiung in Höhe von 40 Prozent.

Vor- und Nachteile des Earn-out

Auch wenn Vereinbarungen eines Earn-out aufgrund des bestehenden Streitpotenzials unter M&A-Experten nicht unumstritten sind, erweisen sie sich bei konsequenter Anwendung der genannten Regeln für beide Seiten als vorteilhaft.

Zunächst profitieren Käufer und Verkäufer gleichermaßen von einem vereinbarten Earn-out. Schließlich nähern sich beide auf diese Weise in ihren unterschiedlichen Preisvorstellungen an und wenden somit ein vorzeitiges Scheitern ihrer Vertragsverhandlungen ab. Allerdings kann ein missverständlicher oder unvollständiger Wortlaut der Earn-out-Klauseln Manipulationsversuche unter den Vertragspartnern auslösen.

Der Vorteil des Verkäufers besteht vor allem darin, dass er für sein Unternehmen einen höheren (Gesamt-)Kaufpreis erzielen kann als bei Vertragsschluss vorausgesetzt. Häufig ist der Verkäufer im Einvernehmen mit dem Käufer besonders motiviert, während der Earn-out-Periode in maßgeblicher Funktion weiter im Unternehmen zu bleiben. So ist er in der Lage, die weitere wirtschaftliche Entwicklung positiv zu beeinflussen und den Earn-out aus seiner Sicht erfolgreich zu gestalten.

Auch aufseiten des Käufers ergeben sich bei der Verwendung einer Earn-out-Klausel zahlreiche positive Aspekte. Durch ein Earn-out wird zum Beispiel:

  • für die restliche Kaufsumme ein Zahlungsaufschub gewährt.
  • das Risiko einer schwächeren finanziellen Performance während der Earn-out-Periode auf den Verkäufer abgewälzt.
  • der Wert des Zielobjekts nach dem tatsächlichen Leistungsvermögen des Unternehmens kapitalisiert.
  • der Marktwert des Unternehmens nach eindeutigen objektiven Erfolgskriterien ermittelt.
  • dem Käufer bei der Finanzierung des Kaufpreises ein nicht zu unterschätzender Liquidationsvorteil eingeräumt. Denn durch die erst später fällige Restzahlung (Pay-out) fällt der Kapitalbedarf im Zeitpunkt der Übergabe (Closing) geringer aus. 
  • es dem Käufer ermöglicht, die Übernahme aus den laufenden Erlösen des Zielunternehmens in der Zeit bis zum Zieltermin (Pay-out) zu begleichen.
  • der Verkäufer unter Umständen zu einem weiteren Engagement im Unternehmen auch nach Übergang motiviert.
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