Peter Steppacher hat 2009 nach 25 Jahren Unternehmerdasein seine Firma “Test Step” verkauft. Gegründet hat er den Betrieb für Prüfmittel für die Elektroindustrie, weil er als Angestellter viele Probleme erkannt hat, die er verbessern wollte in der Branche. Heute lebt er in Tschechien und fühlt sich in seinem neuen Lebensabschnitt sehr wohl.
Die Geschichte hinter der Vorbereitung der Unternehmensnachfolge
Es ist ja schon ein paar Jährchen her, dass Sie verkauft haben. Vermissen Sie es, aktiver Unternehmer zu sein?
Nein, eigentlich vermisse ich das nicht. Ich habe die Firma 25 Jahre lang geführt, habe sie auch gegründet und war begeistert selbstständig zu sein. Aber die Zeit danach hat ganz andere Reize und Prioritäten, sodass ich das Leben meiner Selbstständigkeit eigentlich nicht vermisse.
Warum sind Sie Unternehmer geworden?
Das war aus der Notwendigkeit heraus. Ich habe gemerkt, dass ich das, was ich in der früheren Firma als Angestellter gemacht habe, alleine besser machen kann. Die Tatsache, dass ich mich dann selbstständig gemacht habe, hat mir dann recht gegeben. Ich habe es vieles anders gemacht und mein Kundenstamm zeigt auch, dass ich damit recht hatte.
Beschreiben Sie doch bitte den “Aha-Moment”, als Ihnen klar wurde, dass Sie verkaufen wollen.
Ja, dieser Aha-Moment war ein sehr, sehr langer Moment. Die Grundüberlegung war: “Ich verkaufe Prüfmittel; warum verkaufe ich dann nicht die ganze Firma?”
Nachdem diese Überlegung etwas gereift war, habe ich meine Kinder gefragt, ob sie Interesse haben, die Firma weiterzuführen. Dieses Interesse war nicht da. Dann habe ich meine Leute gefragt, ob sie in eigener Regie die Firma führen wollen, aber die wollten auch nicht. Für die Mitarbeiter war es aber eine sehr positive Nachricht, dass ich die Firma verkaufen will (statt Schließung, Anm. d. Red.). Dieser Prozess war nicht “aha”, sondern hat sich über ein dreiviertel Jahr entwickelt. Dann war der nächste Punkt die Überlegung, wann ich die Firma verkaufen will. Das war zum ersten Mal eine wirtschaftliche Überlegung, denn ich habe gedacht, wenn ich 55 Jahre alt bin, dann kann ich die Firma gut verkaufen, weil da nur der halbe Steuersatz fällig werden würde. Dann habe ich Interessenten gesucht via Inserat in erster Linie und auch persönliche Gespräche bei Kunden geführt, die eventuell Interesse hätten. Das schien im ersten Augenblick sehr erfolgreich zu sein. Die Firma wurde fast verkauft. Doch in dem Augenblick, als die Unterschrift geleistet werden sollte, hat der Käufer kalte Füße bekommen und ist abgesprungen.
Das hört man leider häufiger.
Ja, ich habe mich richtig geärgert. Aber nicht sehr lange, ich war ja gerne selbständig und die Firma lief gut. Dann habe ich mir gesagt: “Mach mal eine Zeit lang nichts und überlege neu.” Nach zwei Jahren habe ich dann ein Inserat auf der Internetseite der IHK geschaltet. Da habe ich mir eigentlich nichts von versprochen. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Ich habe auf dieses Inserat um die 20 Bewerbungen bekommen. 20 Bewerbungen in diesem Bereich, das war gigantisch viel. Ehrlich gesagt konnte man die Hälfte davon vergessen, aber die anderen zehn Interessenten waren ernsthaft in Betracht zu ziehen. Von diesen zehn blieben dann noch vier übrig, weil die restlichen sechs nicht in der Lage waren, die Summe zu stemmen und auch keine Geldgeber gefunden hatten, die in Vorleistung treten wollten.
Das Schwierige war jetzt von den Vieren diejenigen auszuwählen, die wirklich in der Lage waren, finanziell und auch technischer Art die Firma mit Erfolg zu übernehmen. Diese Entscheidung dauerte sehr lange. Der schwierigste Teil im ganzen Prozess war, die Firma anzubieten. Man kann die Firma nicht nur durch die eigene Brille sehen, sondern man muss ehrlich sein und die Schwächen und Stärken der Firma klar benennen. Das kommt gut an, sage ich Ihnen. Wenn man die Schwächen benennt, dann hat derjenige, der die Firma kaufen will, die Möglichkeit, genau diese Schwächen abzustellen. Natürlich macht sich jeder Nachfolger noch seine eigenen Gedanken, was er mit der Firma machen will, wie er sie weiterführen will, ob er die Produkte verändern will oder den Kundenstamm oder die Lieferanten ändern will. Das sind dann aber Entscheidungen, die mich nichts mehr angehen.
“Er hatte alles, um die Firma weiterzuführen, im Prinzip brauchte er mich nicht mehr”
Was haben Sie denn noch für eine bessere Übergabefähigkeit unternommen?
Ich habe die Mitarbeiter im Prinzip vom ersten Tag an in diesen Vorgang der Nachfolge einbezogen, weil klar war, dass der neue Inhaber eine andere Strategie fahren und auch anders mit den Mitarbeitern sprechen wird. Da gab es natürlich Änderungen, zwischen dem, wie ich es geplant hatte und wie der Neue es dann umsetzte.
Das hat dementsprechend auch einen Einfluss auf die Unternehmensbewertung. Haben Sie so eine Bewertung im Vorhinein konkret durchführen lassen oder selber gemacht?
Ich habe die Bewertungen durchführen lassen durch diese Unternehmensberatung und habe auch selbst im Internet recherchiert, wie man zu einem Verkaufspreis kommen kann. Die Ergebnisse waren dann sehr ähnlich, und deshalb war ich mit dem erzielten Preis zufrieden. Und der Käufer war auch zufrieden mit dem Preis, den er mir zahlen musste. Es war ein fairer Preis und jeder ist mit einem Lächeln vom Tisch aufgestanden.
So soll es sein. Sie haben ja beschrieben, dass Sie den Verkauf sehr gut vorbereitet haben mit diesem Ordner, der alles Wichtige enthielt. Haben Sie denn auch in der Firma noch irgendwas verändert im Rahmen dieser Vorbereitung?
Nein, gar nicht. Ich war der Meinung, wenn es Änderungen geben soll, dann muss das der Neue machen, weil nochmal eine Änderung durch mich und dann durch ihn, das wäre in meinen Augen kontraproduktiv gewesen. Ich war wirklich von dem überzeugt, was ich da gemacht habe und habe zufriedene Kunden gehabt und auch sehr große Firmen in Deutschland und Europa beliefert.
Ich habe die Firma so vorbereitet, dass alles, was mit der Firma zu tun hat, in diesem Ordner zu finden war: Sämtliche Lieferanten, Netzwerke, Kunden, Kundenbetreuung und alles, was wichtig für den neuen Mann war. Er hatte alles, um die Firma weiterzuführen, im Prinzip brauchte er mich nicht mehr.
Wann haben Sie denn mit den Lieferanten und Kunden darüber gesprochen, dass Sie die Firma verkaufen?
Auch da darf man nicht mit dem Wissen hinterherhinken. Man muss, sobald man weiß, dass man es machen will, jeden, der mit der Firma zu tun hat, darüber informieren, dass das geplant ist. Ich habe in den Gesprächen keine negativen Auswirkungen gespürt.
Das ist eine schöne Aussage, weil viele Unternehmer gerade davor Angst haben und denken, dass es keiner erfahren darf, weil sonst alle abspringen.
Das ist keine Entschuldigung. Jedem Kunden von mir ist klar: Irgendwann höre ich auf. Dann hat er meine Produkte, die nicht mehr gewartet, nicht mehr gepflegt, nicht mehr weiterentwickelt werden und er bekommt keine neuen Produkte von mir. Dem muss man doch vorbeugen. Es muss doch jeder wissen, dass geplant ist, dass es mit der Firma weitergeht und dass er von der Firma weiter Produkte beziehen kann, auch wenn ich nicht mehr da bin. Da gibt es nur ein Pro, da gibt es kein Kontra.
Ja, genau das schafft Sicherheit auf Seite der Geschäftspartner, weil sie wissen, dass es weitergeht. Es ist ja jedem klar, dass man älter wird.
So ist es. Und natürlich haben sich alle darüber unterhalten, wie es denn weitergehen würde, wenn ich nicht mehr da bin. Sie waren erleichtert, als sie gehört haben, dass ich schon die Fühler ausgestreckt habe nach Interessenten, denn es ging ja auch um ihre Arbeitsplätze.
Mit diesem Thema muss man ganz offen und schnell umgehen. Das muss man ja nicht mit Pauken und Trompeten machen, sondern einfach in das Gespräch mit den Kunden und Lieferanten einfließen lassen.
Das kam bei allen nur positiv an, ich kann es nur jedem empfehlen, das so zu machen.
Wie sind Sie denn bei der Auswahl der passenden Bewerber vorgegangen, wenn Sie sagen, dass zehn von vorneherein nicht infrage kamen?
Die zehn, die ich von vornherein habe ausscheiden lassen, hatten zu geringe Fachkenntnisse.
Auf der anderen Seite waren die anderen zehn von der technischen Seite her alle in der Lage, die Firma zu führen. Es war sehr komfortabel für mich, aus vier Bewerbern dann auswählen zu können. Ob es jetzt genau der richtige war am Ende, das war nie wirklich 100 % klar, weil die vier gleichwertig waren.
So wie es klingt, haben Sie nicht nach dem höchsten Kaufpreis entschieden.
Ich habe nicht nach dem höchsten Kaufpreis entschieden. Ich habe auf einige 10.000 € verzichtet, weil ich der Meinung war, dass der Mann, der kauft, die Firma in meinem Sinne positiv weiterführen kann.
Wenn Sie einem Unternehmer einen Rat geben müssten, der ebenfalls verkaufen möchte, wie würde dieser Rat lauten?
Ich würde eine Beratung in Anspruch nehmen, die zumindest den Kaufvertrag professionell aufsetzt. Was ich jedem raten kann, ist, die Firma zu beschreiben, vom Kleinsten bis zum Größten. Vorteile beschreiben und auch die Nachteile nicht aussparen. Wenn man die Nachteile selbst nicht erkennen kann, dann ergeben die sich natürlich auch aus den Gesprächen mit eventuellen Interessenten. Man kann Schritt für Schritt die Sache entwickeln. Und es zahlt sich aus, vorbereitet zu sein, schon bevor an die Nachfolge gedacht wird.
Herr Steppacher, vielen Dank für das Gespräch.